31. August.
Um unsere Expedition erfolgreich zu beenden, haben wir vorsorglich alle Unterkünfte, Fähren, und Züge vorausgebucht. Alle Reservationen sind bestätigt. Ausser die Fahrradplätze für den Zug Hamburg-Basel, diese können weder online noch sonstwie gebucht werden. Diese Plätze können erst zwei Tage vor Zugsabfahrt am Bahnhof in Hamburg direkt reserviert werden. Auch eine telefonische Anfrage bei der Bahn half nicht weiter. Wir sind gespannt auf das nächste Abenteuer Fahrradtransport??
Erstens kommt es anders und zweitens als der Wetterbericht voraussagt, den gemäß diesem soll es heute Samstag den ganzen Tag regnen. Nein, es regnet nicht, es ist ganz gäbig Wetter, ideal um die Stadt Bergen anzuschauen.
Bergen ist mit 280.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Norwegens. Die Stadt wird auch als „Tor zu den Fjorden“ bezeichnet. Bekannt ist das Hanseviertel Bryggen, das zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Und das wollen wir uns doch mal anschauen. Wir sind nicht die einzigen mit dieser Absicht, das kann doch nicht sein, soviele Leute am gleichen Ort? Ein grosses Kreuzfahrtschiff ankert im Hafen, das muss der Grund für diesen Volksauflauf sein.
Einige Fotos von den schönen Häusern knipsen genügt uns, dann zieht es uns obsi. Die charmante Stadt ist von sieben Hügeln umgeben, es hat genügend Ausweichmöglichkleiten. Der bekannteste und nächste „Berg“vom Zentrum ist der Floyen und es führt eine Standseilbahn hinauf, wir bevorzugen jedoch den Wanderweg. Der Floyen ist vergleichbar mit Berns Hausberg, dem Gurten. Schon bald geniessen wir die prächtige Aussicht auf die Stadt, das Meer und die Umgebung. Auch das Wetter ist angenehm zum wandern, ab und zu zeigt sich sogar die Sonne.
Oben angekommen haben wir „gluscht" auf ein Eiscreme. Ausgerechnet vor mir ist die Glacemaschine leer, für mich gibt es noch eine halbe Portion, die mir der nette Boy schenkt. Nach kurzer Wartezeit, ich geniesse unterdessen die Glace, überreicht er mir das zweite Cornet. Die Freude über die zwei Glacecornet währt nur kurz? Halte mal in jeder Hand ein Glacecornet, das eine übervoll das andere läuft auch schon über die Finger ab. Kurzum eine Sauerei ist in vollem gange, einige Leute amusierten sich köstlich, dank einem Abfalleimer und einer Toilette in der Nähe, ist das Malheur bald behoben.
Den Hausberg von Bergen verlassen wir auf einer andern Route und so haben wir am Abend eine genussvolle Rundwanderung absolviert.
Erkenntnis des Tages: Die Prognose ist das eine, das Wetter ist das andere.
1. September
Der Herbstmonat ist Tatsache, der Regen ebenfalls. Wie es so ist, hier in Norwegen, das Wetter wechselt schnell.
Wir haben uns schon auf einen Regensonntag eingestellt, da, plötzlich scheint die Sonne. Jetzt können wir doch noch auf den Ulriken, auf den höchsten der sieben Berge rund um die Stadt.
Oben geniessen wir die prächtige Aussicht, doch diese dauert nicht lange, schnell ziehen Wolken auf und schon regnet es wieder. Im Restaurant eine warme Schoko trinken, mit der Gondel wieder herunterfahren und zu Fuss zurück zum Hotel ist das weitere Programm. Unser Weg führt uns mitten durch das Gelände der Uniklinik Haukeland. Dort ist zurzeit eine Grossbaustelle, ähnlich wie im Inselspital Bern, es stehen fünf grosse Kräne auf der Baustelle. Ich beobachte genau wie in Norwegen gebaut wird und stelle fest, es ist genau gleich wie bei uns in der Schweiz. Wenn mich jemand angeheuert hätte, wer weiss was passierert wäre?
Erkenntnis des Tages: Bauführer in Norwegen - wenn ich nicht pensioniert wäre - wer weiss?
2. September.
Da unser Zug nach Oslo erst um 12:00 Uhr fährt, haben wir genug Zeit zum Frühstücken, zusammenpacken und eine kleine Stadtrundfahrt auf zwei Rädern zu unternehmen.
Das Wetter spielt auch mit, nachdem es am Morgen noch regnete, scheint innert kürzester Zeit die Sonne und ein strahlend blauer Himmel erfreut uns. Wir sind gespannt auf die Fahrt mit der Bergenbahn, eine der schönsten Zugstrecken der Welt, wie es auf dem Prospekt heißt. Na ja, Papier nimmt alles an, wir werden sehen. Die Fahrt geht zuerst einem Fjord entlang, durch einige Tunnel, dann durch ein Tal mit wilden Bergbächne und beidseitig hohen Felswänden.
In Voss hält der Zug, es klopft an die Fensterscheibe und draußen stehen Anttoinette und Kurt, sie fahren die entgegengesetzte Richtung und haben via unserem Reiseblog erfahren, dass wir in diesem Zug sind. Welch schöne Überraschung. Leider reicht die Zeit nur für eine kurze Begrüßung und schon setzt sich der Zug wieder in Bewegung. Die Fahrt geht weiter nach Myrdal und Finse, wo wir den höchsten Punkt auf 1222 MüM erreichen. Die Landschaft ist einmalig, wild und schön mit Bergseen und Gletscher im Hintergrund.
Weiter geht es durch Täler, vorbei an Dörfer zum Teil bekannt durch den Wintertourismus. Schon nähern wir uns Oslo und wir erblicken in Vikersund die grösste Flugschanze der Welt. Den Schanzenrekord hält mit unglaublichen 253 Meter der Österreicher Stefan Kraft, das ist zugleich Weltrekord im Skifliegen. Unser Simi Ammann hält den Schweizerrekord mit 246 Meter, auch nicht schlecht.
In Oslo haben wir für eine Nacht ein Zimmer gebucht im Smart Hotel. Der Name sagt es schon, es ist alles smart und klein. Das Badzimmer misst nur 150x90cm, es hat ein WC, Dusche und ein Brünnlein. Für uns eher kleingewachsene, geht es einigermassen, hingegen Stucki Chrigu könnte nicht einmal die Zähne putzen in diesem schnügeligen Bad.
Für eine Nacht, nur zum Schlafen, ist es O.K. Der Preis ist mit Fr. 165.- / Zimmer inkl. Frühstück im teuren Oslo sehr preiswert.
Erkenntnis des Tages: Zimmer in Smarthotels sind eher für Radfahrer, weniger für Schwingerkönige.
3. September.
Um 12:00 Uhr müssen wir spätestens bei der Fähre, die von Oslo nach Kiel fährt, sein. Beim Ticketschalter zeigen wir die Buchungsnummer auf meinem Handy, der Schalterbeamte gibt die Nummer in seinen PC ein und schon spuckt der Drucker die Tickets mit
Namen und allen Angaben aus dem Drucker. So einfach ist die elektronische Datenübermittlung (wenn es funktioniert).
Die Color Line betreibt die Fährverbindung Oslo - Kiel mit zwei grossen Fährschiffen. Pro Tag fährt in der Regel ein Schiff in jede Richtung. Es sind sehr grosse Fähren, schon fast Kreuzfahrtschiffe. Unser Kahn ist 225 Meter lang und 35 Meter breit, es hat 15 Stockwerke und ist das grösste Kreuzfahrtschiff der Welt mit Fahrzeugdeck. Es gibt viele Restaurants, Cafes, Bars, eine Einkaufsstrasse, Schwimmbad, Casino, Nachtklub und vieles mehr. Wenn es dir langweilig ist auf dem Schiff, gibt es genügend Möglichkeiten einige grössere Scheinchen los zu werden. Schade ist unsere Kreditkartenlimite bald aufgebraucht, heute wäre unser grosser Tag und wir hätten im Casino gross abgeräumt....
Erkenntnis des Tages: Wäre und hätte sind Brüder und ohne Kredit kannst du nicht gewinnen.
4. September.
In der Nacht stürmt es gewaltig, das grosse Schiff schwankt auf und ab. Zuerst ist es noch lustig zuzusehen wie die Leute herumtorkeln wie Besoffene. Wenn du dann vom Stuhl aufstehst, geht es einem gleich und das ist dann weniger lustig. Na ja, diese Erfahrung haben wir hinter uns gebracht und im Bett fühlst du dich wie ein Baby das eingeschaukelt wird.
Bald nach dem Frühstücksbuffet, das keine Wünsche offen lässt, legt das Riesenschiff im Hafen von Kiel an. Nur einen Kilometer entfernt geht es zum Bahnhof, wir kaufen Billete für den Zug nach Hamburg, steigen mit den beladenen Fahrrädern ebenerdig ein und eine Stunde später hält der Zug im Hbf Hamburg.
Am Bahnschalter wollen wir noch die Billette für die Velos kaufen, die wir ja nicht online buchen konnten, und o Schreck, es kommt wie befürchtet. Für unseren Zug sind keine Fahrrad-Billette erhältlich. Sche...se entfährt es mir, was gibt es für Möglichkeiten. Die gute Frau am Schalter kommt ins rotieren, holt Hilfe bei der Kollegin und gemeinsam finden wir eine Lösung. Das vernünftigste ist, unsere Fahrräder werden separat in die Schweiz transportiert, schweren Herzens trennen wir uns von unseren treuen Begleiter.
Wir kennen Hamburg überhaupt nicht. Was unternimmt man da zuerst. Vor dem Bahnhof stehen einige Sightseeing-Busse, wir steigen ein und lassen uns durch die Stadt chauffieren. Die Urlaubszeit ist
vorbei, der Bus hat nur wenige Leute an Bord, unter andern auch zwei andere Schweizer. Der Reiseleiter erklärt die verschiedenen Sehenswürdigkeiten und viel interessantes von der Stadt aber er
kann es nicht lassen, immer Seitenhiebe gegen uns Schweizer zu verteilen, natürlich wegen unserem Reichtum und wie wir uns alles leisten können. Was haben wir im Ausland für einen Ruf? Es gibt
uns zu denken, auch wenn nicht alles falsch ist was er sagt.
Das gute an einer Stadtrundfahrt ist, wir wissen jetzt, was wir uns morgen genauer anschauen wollen. Zunächst ziehen wir im Hotel Alt Nürnberg ein. Das ist ein kleines, privat geführtes Kleinhotel mit 12 Zimmer, nur 200meter vom Bahnhof enfernt. Alles ist sehr familiär, die Besitzerin geht sehr auf individuelle Wünsche ein. Wir sind glücklich in diesem Haus logieren zu dürfen, hier erleben wir das Gegenteil von einem Smart-Hotel oder dem City Box Hotel in Oslo.
Erkenntnis des Tages: Mach aus jeder Situation das Beste!
5. September.
Ein Kollege gab uns den Tipp, in Hamburg das Miniatur Wunderland anzuschauen und genau das tun wir als erstes am frühen Vormittag.
Das Miniatur Wunderland ist die größte Modelleisenbahn der Welt, sie befindet sich in der historischen Speicherstadt. Auf der 1500Qudratmeter großen Anlagefläche liegen insgesamt 16 Kilometer Gleise auf denen über tausend digital gesteuerte Züge verkehren.
Zu bestaunen gibt es ein Strassennetz auf dem 10.000 tausend Autos, LKW, Rettungsfahrzeuge usw. verkehren. Es gibt einen grossen Flughafen, wo die Flieger starten und landen, ein Fussballstadion, ein DJ Bobo Konzert mit 20.000 Miniaturbesucher. Es sind 4.300 Häuser und Brücken, 130.000 Bäume und 260.000 Figuren nachgebaut worden. Kurz, wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Schon nur um das Miniatur Wunderland anzusehen, lohnt es sich nach Hamburg zu reisen.
Weiter sehen wir uns den über 100 Jahre alten Elbetunnel an, einem Meisterwerk der Ingenieurbaukunst. Ein riesiges Kuppeldach, drei imposante Steinportale mit Pfeilern und Giebeln: Auf den ersten Blick erinnert der Rundbau eher an ein Bauwerk der Antike. Doch in dem Gebäude an der Elbe verbirgt sich weder Tempel noch Kirche. Es bildet den Zugang zu dem Alten Elbtunnel. Zwei Treppen, vier hydraulisch betriebene Fahrkabinen für Fahrzeuge und zwei kleine Personenaufzüge führen 24 Meter in die Tiefe. Dort befindet sich der Eingang zu zwei hell gekachelten Röhren. Sie führen 425 Meter unter dem Wasser entlang auf die andere Elbseite.
Nachdem wir in der Tiefe waren, geht es obsi. Wir steigen auf den 132 Meter hohe Kirchturm der Sankt Petri Kirche. Nach 550 Treppenstufen geniessen wir die Aussicht auf die Hamburger Innenstadt.
Nicht zu übersehen ist Hamburgs neues Wahrzeichen, die Elbphilharmonie. Das neue Konzerthaus wurde 2016 fertiggestellt und kostete schlussendlich 866 Millionen Euro, der Kostenvoranschlag war 77
Millionen Euro. Eine gigantische Kostenüberschreitung und Wahnsinn wieviel Geld für Musikhäuser ausgegeben wird, wir erinnern uns die Oper in Oslo kostete 560 Millionen Euro
Automatisch geraten wir in die Shopping Meile von Hamburg. Wie schon bei früheren Beiträgen erwähnt, bleibt es aus transport-technischen Gründen beim „gluschten".
Erkenntnis des Tages: Shopping ist des einen Freud, des andern Leid.
6. September.
Heute Nacht das letzte Mal in einem fremden Bett geschlafen. Wir sind ganz kribelig, endlich nach Hause zurückzufahren. Unsere Velos wurden gestern abend abgeholt, die Fahrradtaschen müssen wir nun selber schleppen, wir kommen uns vor, wie Cowboys ohne Pferde.
Zum Glück sind es nur 200 Meter zum Bahnhof.
Wir steigen in den EC 9 nach Basel ein, das ist ein Zug mit SBB Wagen. Wir haben zwei Billette im Panoramawagen der ersten Klasse reserviert, dank Super Sparpreis Billett online gebucht, reisen wir komfortabel nach Basel. Via Olten ist in Burgdorf die lange Zugsreise zu Ende. Wir werden von Anita, und den Grosskinder Luke und Nils empfangen. Das Wiedersehen nach zehn Wochen ist wunderschön.
Glücklich, zufrieden und sehr dankbar sind wir nun wieder zu Hause in unserem vertrauten Umfeld.
Da dies nun der letzte Reisetag war, ist dies auch der letzte Blog-Eintrag. Wir danken allen Leserinnen und Leser, es war für mich eine grosse Freude und Ehre diesen Blog zu führen. Wir wünschen
allen einen schönen Herbst, eine gute Zeit, häbid Sorg und macheds guet. Bis bald!
Erkenntnis des Tages: Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei.
ERKENNTNISSE:
Wir haben sehr viel gesehen und erlebt, viele interessante Leute kennen gelernt, uns neu kennen gelernt und viele Erfahrungen gesammelt. Was bleibt sind die Erinnerungen und die schönen Bilder, die wir für immer in uns gespeichert haben. Für ein solches Projekt braucht es Ausdauer, Beständigkeit, Beharrlichkeit, den Glauben an sich selber und an das Ziel, Zuversicht, einen starken Willen, ein bisschen Glück, viel Freude und Spass und vielleicht einen gewissen Grad an Verrücktheit.
Es braucht aber vor allem auch eine grosse Portion Mut, um sich für so lange Zeit von allem Gewohnten zu Hause zu trennen und in ein für uns unbekanntes Abenteuer zu starten. Zu zweit kann ein solches Projekt nur mit gegenseitiger Rücksichtsnahme und einer gewissen Toleranz funktionieren.
Natürlich denkt man auch an die Zukunft und überlegt sich, was man als nächstes machen könnte. Einige Ideen sind da schon noch vorhanden, an dem fehlt es nicht. Schauen wir mal, was die Zukunft bringt.
Es ist uns ein Bedürfnis an dieser Stelle allen ganz herzlich zu danken. Danke an Veloplus für das Sponsoring. Danke dass ihr uns über diesen Blog ans Nordkap begleitet habt, für die vielen
Gästebucheinträge und für die unterstützenden Worte, es war für uns ein super Erlebnis. Allen die uns im Vorfeld geholfen haben, dass wir überhaupt zu diesem Abenteuer starten konnten. Unser
grösster Dank geht aber an unsere Lieben, die Zuhause zum rechten geschaut haben. DANKE!!!
Erkenntnis: Nach dem Projekt ist vor dem Projekt.
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Bea (Samstag, 28 September 2019 22:39)
Super �
Der letzte Blogeintrag? Wohl nur für diese Reise, oder ;-)
Liebe Grüsse noch immer aus Frankreich